Mehrsprachige Teamkommunikation

Mehrsprachige Teamkommunikation

Mehrsprachige Teamkommunikation

Wie man Teamkommunikation in mehrsprachigen Teams meistert

Funktionierende Teams bestehen sowohl in der Linie als auch in Projekten aus unterschiedlichen Spezialisten, von denen jeder mit seinem Wissen und Können zum Erfolg beiträgt. Wenn solche Teams gut funktionieren, sind sie in der Lage, Grosses zu bewirken. Gleichzeitig kann es aber auch sein, dass die Vielzahl an beruflichen und kulturellen Hintergründen die Zusammenarbeit erschwert. Wie bringt man also ein Team von unterschiedlichen Spezialisten zum Funktionieren?

Indem man sicherstellt, dass alle die gleiche Sprache sprechen. Wortwörtlich. Im Folgenden erläutere ich, welche Probleme in mehrsprachigen Teams auftreten können, und schlage am Ende fünf Massnahmen vor, die diesen entgegenwirken.

Die Herausforderungen mehrsprachiger Teams

Mehrsprachige Teams haben gleich mehrere Herausforderungen zu meistern. Erstens bestehen sie aus einer strategisch zusammengesetzten Gruppe von Spezialisten, und diese sind per se eher schwierige Mitarbeiter, da sie bestimmte Bedingungen voraussetzen, um ihre Leistung zu erbringen. Es ist darum ratsam, mit Fachleuten zu arbeiten, die unter den gegebenen Bedingungen ihre Leistung erbringen.

Zweitens sind Spezialisten aus unterschiedlichen Disziplinen ähnlich wie Menschen aus unterschiedlichen Kulturen. Ihren Ansätzen liegen unterschiedliche Werte zugrunde. Demgegenüber denken Spezialisten aus derselben Disziplin für gewöhnlich ähnlich. So folgen beispielsweise zwei Software-Entwickler aus Italien und Australien eher ähnlichen Ansätzen als ein Software-Entwickler und ein Verkäufer aus Italien.

Drittens sprechen spezialisierte Teams mehrere Sprachen. In der heutigen Arbeitswelt ist meist Englisch die gemeinsame «Lingua Franca» internationaler Teams, und oft sind Muttersprachler in der Unterzahl. Ich habe einmal mit einem Team von zwölf internen Auditoren in einem internationalen Unternehmen gearbeitet, in dem Englisch die Unternehmenssprache war. Die zwölf Teammitglieder stammten aus acht Nationen und nur zwei waren englischer Muttersprache. Auf diese Art von Team beziehe ich mich im Folgenden.

Status

Sprachen haben Status. Dieser hat einen Einfluss auf deren Wahrnehmung. Englisch als die wichtigste Sprache der internationalen Geschäftswelt und Politik geniesst hohen Status, und seine Kolonialgeschichte hat dazu geführt, dass jedes Land seine eigene, meist komplexe Beziehung zu ihm hat.

Das bedeutet zunächst, dass jedes Teammitglied der englischen Sprache unterschiedlich gegenübersteht. Es kann Englisch mögen, verpönen oder ihm mit Gleichgültigkeit begegnen. Generell wird Englisch in Ländern, in denen es keine Landessprache ist, als Instrument wahrgenommen, das keine persönliche Identifizierung erzeugt, sondern nur die Funktion hat, Inhalte zu vermitteln. Die Sprecher sind zufrieden, wenn ihre Botschaft ankommt. Solche Sprecher legen wenig Wert darauf, sich möglichst muttersprachlich auszudrücken.

Anders verhält es sich mit Sprechern, die sich mit ihrem Sprachgebrauch identifizieren. Sie sind der Meinung, ihre Sprachkompetenz sage etwas über ihre Intelligenz und Expertise aus, und identifizieren sich mit ihrem Sprachgebrauch. Für diese Sprecher ist muttersprachliche Sprachkompetenz das Ziel. Sie tendieren dazu, eloquente Muttersprachler ernster zu nehmen als Nicht-Muttersprachler.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass technisch orientierte Menschen häufiger den instrumentellen Zugang zum Englischen haben, während kreative Menschen einen grösseren Wert auf muttersprachlichen Sprachgebrauch legen. Beide Zugänge beeinflussen die Art, wie man spricht und wie emotional man das tut.

Der Status nimmt also Einfluss auf die Haltung eines Sprechers gegenüber dem Englischen. Diese Dynamik gilt es zu berücksichtigen. Was aber geschieht auf der Ebene der Botschaft, wenn Sprecher untereinander in einer Sprache kommunizieren, die sie nicht umfänglich beherrschen?

Unsicherheit unter Nicht-Muttersprachlern

Im Allgemeinen sind muttersprachliche Sprecher kompetenter in der Zielsprache als Nicht-Muttersprachler. Für ein Team hat das Auswirkungen, die latent den Arbeitsprozess beeinflussen und die zu verstehen es sich lohnt.

Je besser man eine Sprache spricht, umso besser kann man seine Gedanken ausdrücken. Das beeinflusst die Teamdynamik insofern als kompetentere Sprecher sich eher zu sagen trauen, was sie denken, und sich aktiver an Diskussionen beteiligen.

Diejenigen, die denken, ihre Sprachkompetenzen seien ungenügend, werden sich weniger aktiv beteiligen. Interessanterweise kann sprachliche Unsicherheit gerade in kompetenteren Sprechern unerwartet hoch sein. Es ist also wichtig, sich nicht vom eigenen Urteil irreführen zu lassen.

Die Folge der sprachlichen Unsicherheit ist, dass Teammitglieder sich unter Umständen nicht äussern, weil ihnen nicht wohl dabei wäre oder es für sie eine zu grosse Anstrengung bedeuten würde. Gleichzeitig könnten sie von anderen als weniger kompetent wahrgenommen werden.

Erfolgreiche Führungspersonen wissen aber, dass das Potential des Teams nur ausgeschöpft werden kann, wenn alle Teammitglieder unabhängig von ihrer Sprachkompetenz ihre Meinung und ihr Wissen einbringen. Wenn alle ihre Leistung erbringen sollen, müssen solche Dynamiken im Team wahr- und ernstgenommen werden.

Beschränkte Präzision

Bei Nicht-Muttersprachlern ist die sprachliche Präzision aufgrund begrenzter pragmatischer und lexikalischer Kenntnisse meistens beschränkt. Das kommt daher, dass wir kaum genug Zeit dafür haben, eine zweite Sprache in all ihren Facetten zu erlernen. Wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir effizienter damit umgehen.

Beschränkte Präzision entspringt unter anderem der Tatsache, dass Sprecher von gewissen Begriffen keine Kenntnis haben und diese dann umschreiben. Es kann auch sein, dass sie einen Ausdruck aus ihrer Muttersprache sinngemäss übersetzen, was fast nie funktioniert. So können falsche oder irreführende Lehnübersetzungen entstehen, wie «Adoptionsbereitschaft», die ich in der technischen Transformation für «adoption readiness» gehört habe und für Muttersprachler des Deutschen nichts mit der eigentlich gemeinten Übernahmebereitschaft zu tun hat.

Die sprachlichen Fähigkeiten sind auch beim Brainstorming und der Lösungsfindung wichtig. So ist es beispielsweise schwierig, hypothetische Aussagen in einer Fremdsprache zu formulieren. Wenn also mögliche Lösungen besprochen werden, sind unsichere Sprecher eher zurückhaltend als selbstsichere Sprecher, auch wenn sie innovative Ideen beizusteuern hätten. Das ist schade, denn gerade während der Ideensuche böte Mehrsprachigkeit die grosse Chance, einen neuen Blickwinkel aufzuzeigen, den Muttersprachler nicht gesehen hätten. Darum ist es wichtig, dass alle zu Wort kommen.

Möglicherweise sind Nicht-Muttersprachler auch weniger schnell. Das kann diese überfordern und gleichzeitig Muttersprachler unterfordern. Auch in meinen Workshops muss ich berücksichtigen, ob ich es mit Muttersprachlern oder nicht zu tun habe. Solche Unterschiede wahrzunehmen und sie in der Teamarbeit zu berücksichtigen, erfordert Empathie seitens der Führungskräfte.

Fehlkommunikation

Fehlkommunikation ist das Resultat fehlender Präzision im Sprechen und im Zuhören. Sie ist meist ungewollt und bleibt oft auch unverstanden.

Ein für Teams relevantes Beispiel ist das häufige Verb «must». Viele Deutschsprachige wissen nicht, dass «must» im Englischen immer bindend ist, auch in der negierten Form, wie in «you must not come», also «du darfst nicht kommen». Im Deutschen ist das anders, denn da impliziert «du musst nicht kommen» Freiwilligkeit. Wenn ein deutschsprachiges Teammitglied dieses Verb bei Auftragsvergabe falsch einsetzt, führt das zu erheblichen Missverständnissen.

Weitere kommunikative Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Gesprächskonventionen beispielsweise, wie Abläufe oder Unterbrechungen, sind kulturell unterschiedlich, was voraussetzt, dass mehrsprachige Teams sich zuerst auf gewisse Kommunikationsregeln einigen müssen, damit es keine Unsicherheiten gibt. Wer wann antwortet und wie, muss unter Umständen explizit verhandelt werden.

Zudem wissen Nicht-Muttersprachler selten um den vollen Bedeutungsumfang von Wörtern. Gerade Fluchwörter sind heikel, da gleiche Wörter über Sprachen hinweg andere Bedeutungen haben. Das englische f-Wort ist zum Beispiel im Schweizerdeutschen geläufig, und viele brauchen es auch, wenn sie Englisch reden. In der Schweiz habe ich mehr als einmal erlebt, dass ein englischsprachiges Teammitglied irritiert darüber war, wie oft das f-Wort benutzt wurde. Denn im Englischen hat das f-Wort einen komplexeren Gebrauch als im Schweizerdeutschen, was Muttersprachler stören kann.

Wie die Kommunikation in mehrsprachigen Teams verbessert werden kann

Die Kommunikation in internationalen Teams zum Laufen zu bringen ist also keine leichte Aufgabe. Ich empfehle Führungskräften, aufmerksam zu sein und solchen Herausforderungen früh zu begegnen. Idealerweise nimmt man von Beginn an einen Kommunikationsberater zu Hilfe, der das Team begleitet.

Folgende fünf Massnahmen tragen dazu bei, die Teamkommunikation zu verbessern:

  • 1

    Legen Sie kommunikative Regeln explizit und früh fest.

  • 2

    Setzen Sie Sprache auf die Agenda. Sie muss explizit besprochen werden, damit Bewusstsein über unterschiedliche Auffassungsarten besteht.

  • 3

    In Sitzungen sollte jeder zu Wort kommen, unabhängig von der Muttersprache.

  • 4

    Befragen Sie Ihr Team regelmässig zur Kommunikation.

  • 5

    Und etwas scheinbar Selbstverständliches: Fluchen Sie nicht zu oft.

Der Aufwand wird sich auf jeden Fall auszahlen. Denn mehrsprachige Teams bergen immenses Potential und machen viel Spass!

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Über die Autorin

Danae Perez PHD 1 rotated e1654626005176
Beraterin | Referentin | Autorin

Danae Perez ist eine vielseitige Kommunikationsexpertin mit langjähriger Erfahrung in Forschung und Privatwirtschaft und einer ansteckenden Leidenschaft für Menschen und Sprachen. Sie ist promovierte Sprachwissenschaftlerin und hat ihre Forschung bei den renommiertesten Verlagen publiziert. Seit fast zwei Jahrzehnten bietet sie Beratungsdienstleistungen und Weiterbildungen für Kunden und hat in einer Vielzahl von Ländern, Kulturen und Sektoren gearbeitet. Sie hat die seltene Gabe, die Essenz einer Nachricht schnell zu erfassen, sie in die richtigen Worte zu fassen und auf Augenhöhe zu vermitteln.

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